So gewöhnt ist man seit Wochen nur Sterbestatistiken und Warnungen vor der Finanzkrise, Kollaps des Gesundheitssystems oder häuslichen Gewalt zu lesen, dass eine gute Nachricht kaum zu glauben ist. Zumal wenn es eine Nachricht ist, die schon so oft verschoben wurde: der neuer Berliner Flughafen ist endlich fertig,
Es ist ja auch logisch. Bei mir sind jetzt auch Kleiderschränke aufgeräumt und alte Papiere und Schuhe aussortiert, was ich schon seit Ewigkeiten machen wollte. In Zeiten wo das Normale suspendiert wird, werden überraschend langfristige Projekte fertig.
Das komische mit dem Flughafen ist, dass jetzt, wenn Alles endlich fertig ist, bleibt die Freude aus. Die Nachricht wirkt im Corona-Kontext nur absurd. Wenn alle Urlaubsreisen storniert sind und Geschäftstreffen auf Video-Konferenzen umgestellt, wozu braucht man den schicken neuen Flughafen eigentlich noch? Wegen Klimaschutz sollten sowieso die Flotten lieber auf dem Boden bleiben.
Selbst wenn die Grenzen irgendwann wieder geöffnet werden, wer soll da noch reisen, wenn Millionen Menschen ihre Arbeit verloren haben und die Anderen ihre Urlaubsansprüche für Kinderbetreuung benutzt haben? Wenn die Luftfahrtkonzerne auch pleite sind und alle Piloten in Umschulungsmaßnahmen, wer soll die Flugzeuge überhaupt steuern?
Es wäre vielleicht Zeit, über ein alternatives Nutzen für den neuen Flughafen zudenken. Es könnte zum Beispiel ein riesiges Jobcenter werden. Die vielen Sicherheitsmitarbeiter vom Flughafen könnten kontrollieren, dass jeder den nötigen Abstand in der kilometerlangen Schlange hält, und Beamte würden Ansagen durch Lausprecher sprechen: Achtung, Wartenummer 5764, letzter Abruf. Ihre Bearbeitung wird in einer Viertelstunde losgehen. Bitte melden Sie sich sofort am Schalter 5 B.
Die Gepäckschalter könnten für Vermögensprüfung benutzt werden. Jeder sollte sein Vermögen in einen Koffer einpacken, und wenn der Koffer mehr als 20 Kilos wiegt, würden Ansprüche auf Sozialleistungen gestrichen.
Die Start-und Landebahne könnte die Deutsche Fußballmannschaft fürs Trainieren mit Abstand benutzen. Und wenn da irgendwo eine kleine Fläche zur Verfügung steht, könnten Clowns dort proben. Clowns könnten den Anderen auch Kompetenzen vermitteln, die in Krisenzeiten besonders nötig sind: nach dem Scheitern immer wieder neu versuchen, neugierig bleiben, über sich selbst lachen können und die Lebensfreude nicht verlieren.